Wie wir im Schlaf lernen

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Der regelmäßige Zustand des Nichtbewusstseins, wenn Körper und Gehirn schlafen, ist manchem von uns schon seit Kindertagen nicht ganz geheuer. Ist er doch eine Form des Kontrollverlusts, eine Art todesähnlicher Zeitverschwendung und Abschottung von der Außenwelt.

Doch der Schlaf ist wichtig zur Erholung, zum Wiederaufladen der Akkus. Etwa nicht? Die moderne Schlafforschung fördert zunehmend ein anderes Bild vom Schlaf zutage. Eines, das keineswegs nach Ruhe und Entspannung für unser Gehirn klingt, trotz Tiefschlafphasen und stark eingeschränkter Wahrnehmung.

Inhaltsverzeichnis

    Neues Lernen im Schlaf?

    Schlafen ist die Zeit, die unser Hirn für entscheidende Aktivitäten benötigt. Dabei geht es vorrangig um das Aufarbeiten von Informationen, um Lernen.
    Schön wäre es ja, könnten wir tatsächlich die Schlafzeit nutzen und lernen, was wir anschließend tagsüber brauchen. Statt Vokabeln mühsam zu pauken, einfach das Gedächtnis des Nachts damit füllen und zur Prüfung dann parat haben.

    Diese Art Lernen im Schlaf ist allerdings nicht gemeint und wird wohl eine Utopie bleiben. Weder die nächtliche Vokabel-Gebetsmühle via Kopfhörer noch geschriebene Inhalte des Lehrbuchs unterm Kopfkissen erreichen den Zwischen- geschweige denn Langzeitspeicher des Gehirns. Sie sorgen allenfalls für Unausgeschlafensein.

    Einschränkend haben Schlafforscher allerdings nachgewiesen, dass wir tatsächlich auch neue Informationen im Schlaf wahrnehmen und lernen können. Jedoch nur in ganz bestimmten Phasen des Schlafes und auf keinen Fall willkürlich als Dauerberieselung. Entsprechende Experimente zeigen im Ergebnis bemerkenswerte Lerneffekte akustischer oder olfaktorischer Signale: Probanden können fremde Wörter oder Gerüche, die sie in speziellen, besonders aktiven Schlafphasen wahrnehmen, mit Bekanntem verbinden.

    Das lernt vor allem im Schlaf Vor allem im Schlaf verarbeitet das Gehirn neue Informationen besonders gut

    Dabei sind dieselben Hirnregionen aktiv wie beim wachen Lernen. Diese neu gelernte Beziehung können sie anschließend im Wachzustand wieder abrufen. Auf diese Weise assoziieren Raucher beispielsweise Zigarettenrauch fortan mit Fischgestank - und qualmen weniger. Ob auch die positiven Wirkungen vom Schlaf in einem duftenden Zirbenbett schon nachgewiesen sind? Doch langsam, die wissenschaftlichen Fortschritte in dieser Richtung sind noch Neuland und keineswegs gefestigtes Wissen.

    Lernen im Schlaf: Erlebtes wird zu Erfahrung

    Unstrittig ist jedoch, dass unser Gehirn die Schlafzeit braucht, um Informationen zu rekapitulieren, zu bewerten und einzuordnen. Um sie wiederholt durchgespielt, als Gelerntes zu festigen und mit vorhandenem Wissen verknüpft, anschließend im Langzeitgedächtnis abzulegen. Insofern lernen wir tatsächlich im Schlaf. Manche Experten meinen sogar, nur so lernen wir überhaupt.

    Schlafentzug führt dazu, dass wir vergessen und den Inhalt des Zwischenspeichers, das Kurzzeitgedächtnis im Hippocampus, laufend mit neuen Eindrücken überschreiben. Im Schlaf also wird Erlebtes erst zu Wissen, zu Erfahrung.

    Diese Konsolidierung von Information betrifft sowohl Fakten-Wissen, als auch neue motorische Erlebnisse. Das geübte Musikstück, das Trainieren bestimmter Bewegungsabläufe wie Radfahren oder im Sport, wird erst zum abrufbaren Repertoire, wenn wir eine Nacht darüber geschlafen haben. Wenn das Gehirn Zeit hatte, die Wichtigkeit einzuschätzen, es in einen Kontext einzuordnen, vor Störungen und Überschreibung zu bewahren und ins Langzeitgedächtnis zu verlagern. Über Nacht dann gelingt folgenden Tags plötzlich das verflixte Klavierstück. Schon Ähnliches erlebt?

    Was im Schlafhirn vorgeht

    Schlafforscher schauen neuen Synapsen dabei zu, wie sie sich durch wiederholtes Feuern als feste Nervenverbindungen etablieren: "Das ist wichtig!". Während andere verlagert oder gelöst werden: "unwichtig!".
    Ein Elektroenzephalogramm (EEG) offenbart die Vorgänge in charakteristischen Hirnstrommustern. Während der ersten Stunden nach dem Einschlafen dominieren Tiefschlafwellen.

    Genau in dieser Phase finden die besagten Kommunikationsprozesse der beteiligten Hirnregionen Hippocampus, Hypothalamus und Neocortex statt. Besonders gut sichtbar und charakteristisches Indiz für Lernprozesse sind sogenannte Schlafspindeln: spindelförmige Ausschläge hoher Frequenz von Sekundendauer. Ihr Rhythmus läuft synchron mit typischen weiteren Wellenmustern aus Hirnrinde und Hippocampus.

    Je mehr Schlafspindeln und je länger sie werden, desto mehr haben wir tagsüber an Neuem aufgenommen. Menschen mit besonders vielen Schlafspindeln lassen sich nur schwer wecken, haben ein besseres Gedächtnis und sind meist auch überdurchschnittlich intelligent.

    Wie lernen wir also am besten?

    Einmal im Gedächtnis konsolidiert, bleibt das Gelernte recht stabil abrufbar. Apropos Abrufen: Auch das Abfragen und Wiederholen von neuer Information hat einen ähnlichen Festigungseffekt, es stärkt das Gedächtnis und verringert den Aufwand fürs schlafende Gehirn.

    Das Gehirn hat dann bereits Konsolidierungsarbeit vorgezogen, kann des Nachts in aller Ruhe den Gedächtnisanteil vertiefen und den Arbeitsspeicher, das Kurzzeitgedächtnis, frei machen für neue Inhalte. Vokabeln abfragen ergibt also sehr viel Sinn, wenn darauf ein guter Schlaf folgt.

    Eine effektive Lernstrategie wäre demnach, gleich morgens den geleerten Zwischenspeicher mit neuen Inhalte aufzufüllen, tagsüber behutsam weiter aufzustocken und direkt vorm Zubettgehen das Wichtigste zu wiederholen. Anschließend ist ein langer und tiefer Schlaf entscheidend für den Lernerfolg. Ohne vollen Magen, Störungen, Schlaf-Medikamente oder gar Alkohol.

    Der Schlaf sollte keinesfalls länger als 20 Stunden aufgeschoben werden und nicht kürzer als fünf Stunden dauern. Ganz ähnliches wissen Sportwissenschaftler über effektives Training zu berichten. Selbst das Power-Nap zwischendurch wirkt sich günstig aus, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt.

    Vor dem Schlafengehen lernen bringt einen nachweislichen Erfolg!

    Übrigens entscheidet unser Gehirn im Schlaf recht eigenmächtig, was relevant für die Zukunft ist und was nicht. Nicht jeder neu trainierte "Unsinn" findet sich tatsächlich im Gedächtnis wieder, was unter Umständen durchaus frustrierend werden kann. Wenn es darum geht, alte Gewohnheiten loszuwerden beispielsweise.

    Wie genau das Schlafgehirn gewichtet, welche Kriterien es dabei zugrundelegt? Das wüssten die Wissenschaftler des Fachs auch gerne, sie arbeiten daran. Derweil hilft nur hartnäckiges Repetieren.

    Schlaf, Gedächtnisstörungen und Krankheiten

    Im Umkehrschluss zum Gesagten über gesunden Schlaf, Lernen und Gedächtnis sind klare Zusammenhänge bei hirnabbauenden, neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer festzustellen. Schlechter Schlaf ist eines der Frühsymptome von Alzheimer, soviel ist bekannt.

    Diese Form der Demenz ist gekennzeichnet durch immer schlechter werdende Gedächtnisleistungen. Das bedeutet, nicht allein das Lernen von Neuem findet nicht mehr statt, das Gehirn vergisst zusehends alles Notwendige für Lebenstüchtigkeit und löscht unbeirrt seine Festplatte. Das EEG eines Alzheimer-Patienten weist denn auch abnehmende Schlafspindeln und Tiefschlafwellen auf, mit jedem Abbauschritt weniger.

    Experimentelle Studien an Tiermodellen zeigen, dass Schlafentzug Proteine hervorbringt, die mit Alzheimer in Verbindung gebracht werden. Verbesserter Schlaf wiederum könnte das Fortschreiten verlangsamen, so weitere Forschungsergebnisse.

    Gesichert ist auch, dass andauernde Schlafstörungen lebenswichtige Körperfunktionen wie Immunsystem und Stoffwechsel beeinträchtigen, langfristig zu chronischen Erkrankungen in diesen Bereichen führen und - die Lebensspanne verkürzen.
    All diesen beunruhigenden Auswirkungen lässt sich entgegenwirken: Sorgen Sie für guten Schlaf!

    Schlaf ist gesund, macht schlau und hält geistig fit. Besonders der natürliche und regelmäßige Schlaf ohne künstliches Nachhelfen. Was gibt es da besseres als ein solides, handgefertigtes Massivholzbett aus herrlich duftender alpiner Zirbe? Wir finden: nichts!

    Frau mit Buch
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